Archiv der Kategorie: Christentum

Das Selbstzeugnis Jesu

Ein biblisches Thema :

Wir glauben: Jesus ist Gottes Sohn. Viele aber bestreiten das. Darum wollen wir einmal fragen, was Jesus selber zu seiner Person gesagt hat.

Zunächst ist schon bedeutsam, dass wir nach seiner Person fragen und nicht zuerst nach seiner Lehre. Bei menschlichen Lehrern ist das anders: Philosophen wie z.B. Plato oder Aristoteles haben das Denken ihrer Zeit und noch der folgenden Jahrhunderte stark beeinflusst – durch ihre Lehren; die Person spielte dabei keine Rolle.

Bei Jesus aber war schon für seine damaligen Zeitgenossen seine Person die Hauptfrage. Zwei Gründe gibt es dafür: Einmal war Jesu Lehre gar nicht neu; sie war im Grunde Auslegung und Anwendung dessen, was im Alten Testament schon offenbart war. Darum konnte er auch immer darauf hinweisen: „Wie steht geschrieben? ,“Habt ihr nicht gelesen?“

Zum andern aber sollte die offenbarte Lehre doch befolgt und getan werden, aber Israel versagte, immer wieder. Priester und Könige sollten helfen, aber auch sie versagten. Bis Gott ein Ende machen musste durch die Babylonische Gefangenschaft.

Was fehlte, war einer, der die Lehre verwirklichen konnte – ein Erlöser. Mose und die Propheten hatten einen solchen auch schon angekündigt, und seit dem Exil wartete man auf ihn. Man wusste, es kommt einer.

Der Evangelist Lukas berichtet, wie die Eltern das Jesuskind in den Tempel bringen. Da tritt Simeon zu ihnen, fromm und gottesfürchtig, und dann heißt es von ihm: „… und wartete auf den Trost Israels.“ Solche Menschen gab es damals, die den Retter herbei sehnten (Lukas 2,25).

Dann kam Johannes der Täufer und predigte in der Jordangegend die Taufe der Buße. Viele kamen herbei, ihn zu hören. Der Hohe Rat in Jerusalem musste die Sache untersuchen und schickte eine Kommission. Sie fragten Johannes nicht, was er lehre, sondern: „wer bist du?“. Johannes konnte antworten, er sei nicht der Christus, der komme nach ihm.

So stellte man dann auch Jesus diese Frage. Sogar Johannes selbst, als ihm später, im Gefängnis, noch Zweifel an Jesus gekommen waren und er zwei seiner Jünger schickte, Jesus zu fragen: „Bist du, der da kommen soll, oder sollen wir eines anderen warten?“

Noch am Kreuz rief man ihm zu, diesmal spottend: „Bist du Gottes Sohn, dann steig herab…“ Und nach der Auferstehung ging`s weiter mit der Frage: wer war, wer ist Jesus – bis heute.

Wenn wir nun fragen, was Jesus selbst sagte, dann geht es um drei Titel:

Davidsohn, Menschensohn und Gottes Sohn.

  1. Davidsohn

Vielleicht vermisst jemand in der Gliederung den Messias-Namen. Er wird uns auch noch begegnen, aber er ist eine Weiterbildung aus dem Davids-Titel, im Wort Gottes verheißen war der Davidsohn.

Zuerst in 2. Samuel 7. Als David für Gott einen Tempel bauen wollte, ließ Gott ihm durch den Propheten Natan sagen: nicht du sollst mir ein Haus bauen, sondern ich will dir ein Haus bauen (Vers 5 u. 11). Gott will einem seiner Nachkommen „seinen Königsthron bestätigen ewiglich“ (Vers 13). – Das war 1000 Jahre vor Jesus.

Psalmen griffen diese Verheißung auf (Psalm 89; 132), andere Propheten erneuerten und bestätigten sie. An jedem Weihnachtsfest hören wir Jesaja 9,5f: “ Uns ist ein Kind geboren… auf dass seine Herrschaft groß werde und des Friedens kein Ende auf dem Thron Davids…“. Und Jeremia kündigt an (23,5): “ Siehe, es kommt die Zeit, spricht der Herr, dass ich dem David einen gerechten Spross erwecken will, der soll ein König sein, der wohl regieren und Recht und Gerechtigkeit im Lande üben wird.“

Könige wurden zur Einführung in ihr Amt gesalbt – ein Zeichen, dass der Geist Gottes sie leiten solle. Von einem König, wie die Propheten ihn ankündigten, muss das bestimmt im besonderen Maße gelten. Darum nannte man schließlich den Kommenden einfach den „Gesalbten“, hebräisch Messias, griechisch/lateinisch: Christus. Das Wort entwickelte sich zum Titel.

Man könnte denken, Jesus würde zu Beginn auftreten mit den Worten „Ich bin der Davidsohn, der Messias“! Er tat es nicht. Das hatten schon Männer vor ihm getan, hatten einen Aufstand gemacht und waren kläglich gescheitert.

Nein, Jesus wollte an seiner Verkündigung und an seinen Taten als solcher erkannt werden. Seinen Gegnern sagte er einmal deutlich, sie sollten doch seinen Werken glauben, die der Vater im Himmel ihm gegeben hat, wenn sie seinen Worten nicht glauben wollten (Johannes 10,37f). Und Johannes 5,36: “ diese Werke, die ich tue, bezeugen von mir, dass der Vater mich gesandt hat“.

Den beiden Boten, die Johannes der Täufer zu ihm sandte, antwortete er auf ihre Frage weder mit ja noch nein, sondern: „Sagt Johannes wieder, was ihr hört und seht: Blinde sehen und Lahme gehen, Aussätzige werden rein und Taube hören, Tote stehen auf, und Armen wird das Evangelium gepredigt“ (Matth.11,2ff).

Johannes kannte die Bibel auswendig; er wird gleich erkannt haben, dass Jesus aus Jesaja 35 und 61 zitierte, wo der Prophet das zukünftige Heil geschildert hat.

Häufig aber geschah es, dass andere ihn mit messianischen Titeln anredeten. Solche Begebenheiten sind besonders bedeutsam.

Bei Jericho riefen zwei Blinde am Wege: „Ach Herr, du Sohn Davids, erbarme dich unser!“ (Matth.20,30ff). Jesus hatte ihnen keine Vorhaltungen gemacht: was sagt ihr da! Nein, er akzeptierte diese Anrede. Das ist Selbstzeugnis ohne eigene Worte, aber vor vielen Zeugen.

In Kapitel 21 schildert Matthäus den Einzug Jesu in Jerusalem. Die begeisterte Menge rief: „Hosianna dem Sohn Davids!“ Das war der Ruf, mit dem man den Messias begrüßen wollte, wenn er kommt. Und Jesus? Er nahm die Huldigung an.

Auf dem Tempelplatz ging es weiter; da riefen die Kinder, „Hosianna dem Sohn Davids!“ Der Hohe Priester und die Schriftgelehrten stellten Jesus entrüstet zur Rede: „Hörst du auch, was diese sagen?“ Aber Jesus fragte zurück, ob sie nie Psalm 8 gelesen hätten: „Aus dem Munde der Unmündigen und Säuglinge hast du Lob zugerichtet.“ Da bestätigte er den Ruf vor den maßgebenden Männern Israels.

Ebenso wichtig ist das Zeichen, dass Jesus bei seinem Einzug gesetzt hat: er ritt auf einem Esel. Jesus ist sonst nie geritten ; er ging zu Fuß durchs ganze Land. Aber hier den Ölberg herab, nahm er einen Esel, weil der Prophet Sacharja es so angekündigt hatte (Sacharja 9,9). Damit erhob Jesus deutlich und öffentlich den Anspruch: ich bin der verheißene König Israels! Nun nehmt Stellung! –Sie haben es dann auch getan!

Auch vor Pilatus hat Jesus sich als König bekannt, und damit vor dem Vertreter des Kaisers, der weltlichen Macht (Joh.18,37). Pilatus hat es dann veröffentlicht am Kreuz, dreisprachig (Joh.19,9f).

Seine Jünger hatte Jesus einmal gefragt, für wen sie ihn hielten. Petrus machte sich zum Sprecher der andern: du bist der Christus. Hier im vertrauten Kreise, hat Jesus es sogar ausdrücklich bestätigt, aber sie sollten es noch nicht weitersagen (vergleiche Matthäus 16,13ff; Markus 8,27-30; Lukas 9,18-21)

Fazit: Jesus hat sich mehrfach eindeutig als der angekündigte Davidsohn bekannt, und damit als König Israels, als Christus.

  1. Menschensohn

Das Wort gebraucht Jesus häufig, wenn er etwas über sich selbst sagte. Ein Beispiel: „Des Menschensohn ist gekommen, zu suchen und selig zu machen, was verloren ist.“ (Lukas 19,10) .

Der Ausdruck ist doppeldeutig. Er kann einfach meinen: der Mensch, oder: der wahre Mensch, so wie Gott ihn geschaffen und gemacht hatte.

Er kommt aber noch in anderer Bedeutung in Daniel 7,13f vor. Da beschreibt der Prophet eine Vision: „Und siehe, es kam einer mit den Wolken des Himmels wie eines Menschensohn und gelangte zu dem, der uralt war, und wurde vor ihn gebracht. Der gab ihm Macht, Ehre und Reich, dass ihm alle Völker und Leute aus so vielen verschiedenen Sprachen dienen sollten. Seine Macht ist ewig und vergeht nicht, und sein Reich hat kein Ende.“

Daniel schaut hier, wie Gott in der letzten Zeit einen Weltherrscher einsetzt.

In welcher Bedeutung hat Jesus nun das Wort gemeint? Die Hörer jedenfalls haben verstanden, dass er von sich selbst sprach. Nur einmal, Johannes 12,34, fragten sie nach, wer dieser Menschensohn sei.

Aber im Prozess vor dem Hohen Rat machte Jesus eine bedeutsame Aussage: „Von nun an wird`s geschehen, dass ihr sehen werdet des Menschen Sohn sitzen zur Rechten der Kraft und kommen in den Wolken des Himmels“ (Matth.26,64).

Hier zitierte er aus Daniel 7 und zeigte damit, dass er diese Stelle beim Gebrauch des Wortes Menschensohn mit im Blick hatte und letztlich meinte. Was hat das uns zu sagen?

Im Teil 1 sahen wir, dass der Davidsohn-Titel einen König für Israel bezeichnete, der ewig regieren solle, dem Gott aber die Weltherrschaft übertragen würde.

Damit offenbarte Gott: der Davidsohn bleibt nicht auf Israel beschränkt; die Völkerwelt wird mit einbezogen in Gottes Erlösung – das Heil für die Heiden ist hier im Blick.

Matthäus 26,64, die Aussage vor dem Hohen Rat, ist ein Selbstzeugnis Jesu: er verstand sich als der Weltherrscher der Endzeit. Nach seiner Auferstehung sagte er es seinen Jüngern – Matthäus 28,18: „Mir ist gegeben alle Gewalt im Himmel und auf Erden.“

  1. Der Sohn Gottes

Auch hier gilt: Jesus wollte nicht einfach behaupten, Sohn Gottes zu sein, sondern er wollte an seinen Worten und Taten als solcher erkannt werden.

In Markus 2,1ff spricht Jesus zu einem Gelähmten: “ Ich sage dir, stehe auf, nimm dein Bett und gehe heim!“ In dem Augenblick sind die Muskeln, Sehnen, Nerven des Kranken wieder in Ordnung gebracht und er kann aufstehen. “ Wir haben solches noch nie gesehen“, sagten die Zuschauer.

Und noch deutlicher in Lukas 7,11ff in Nain, da hält Jesus einen Beerdigungszug an und spricht zu dem Toten: „Jüngling, ich sage dir, stehe auf!“ Und er steht auf.

Das gibt es bei uns Menschen nicht, dass ein Wort geschieht. Aber in der Schöpfungsgeschichte steht es: „Und Gott sprach: Es werde Licht! Und es ward Licht“ (1.Mose 1,3). Gott schafft durch sein Wort. Die Hörer Jesu kannten das, und so hätten sie folgern können: Gott ist zu uns gekommen. Das hatte Jesus erwartet. Seine Taten waren ein Selbstzeugnis, sie sprachen für sich.

Als Mose am brennenden Dornbusch Gott nach seinem Namen fragte, lautete die Antwort: „Ich werde sein, der ich sein werde“, oder „Ich bin, der ich bin“ (2.Mose 3,14). Nur Gott kann sich so nennen. Er bleibt sich gleich. Wir sind sehr veränderlich.

Jesus aber nimmt dieses Wort auf und spricht: „Ich bin – der gute Hirte, das Leben, die Auferstehung“ (Johannes 10,11; 11,25). Er sagte: „Ehe denn Abraham ward, bin ich“ (Johannes 8, 58); ja, er sagte sogar: „So jemand mein Wort wird halten, der wird den Tod nicht sehen ewiglich“ (Johannes 8, 51).

Bei solchen Worten gibt es nur zwei Möglichkeiten: es ist ihm abzunehmen und an ihn glauben, oder sagen: er ist von Sinnen, wie seine Familie vorübergehend gedacht hatte (Markus 3, 21)

Nun meint die „Historisch-kritische Theologie“, Jesus habe diese Worte gar nicht gesagt, sondern die Urgemeinde habe sie ihm in den Mund gelegt, um ihn groß zu machen. – Das hieße aber, die Schreiber der Evangelien hätten Jesus Unsinniges in den Mund gelegt, Worte, hinter denen nichts steht. Und hieße weiter, diese Schreiber wären von Sinnen gewesen.

Jesu Worte waren Selbstzeugnis, und seine Hörer haben sie sehr wohl verstanden: Er ist Gott, Gottes Sohn – oder ein Lästerer. Seine Gegner entschieden sich für das zweite und hoben Steine auf …(Johannes 10, 31-33). Seine Jünger, die Apostel, waren bereit, für seine Worte ihr Leben einzusetzen.

Wenn Jesus von sich bezeugt: „Ich und der Vater sind eins“, (Johannes 10, 30), dann zeigt er damit, dass er eine besondere, einmalige Beziehung zu Gott hat. Wir dürfen auch Kinder Gottes heißen, durch Glauben und den Geist Gottes von neuem geboren (Johannes 3, 3 u. 5; 1.Petrus, 1, 3), aber Jesus ist aus Gott hervorgegangen, ist der „eingeborene Sohn“ (Johannes 3, 16).

Diese besondere Beziehung zu Gott hat er auch dadurch zum Ausdruck gebracht, dass er immer „mein Vater“ sagte, nicht „unser Vater“. Wir, seine Jünger, dürfen „unser Vater“ beten (Vergl. Johannes 17, 20).

Etliche seiner Hörer erkannten: seine Worte sind wahr. Und dann sehen wir das gleiche wie in Teil 1, dass Jesu gläubige Anerkennung nicht zurückgewiesen hat:

Matthäus 14, 33 – Als Jesus in stürmischer Nacht, auf dem See gehend, zu den Jüngern in das Schiff trat und der Wind sich legte, da fielen sie im Schiff vor ihm nieder und sprachen:“Du bist wirklich Gottes Sohn!“

Johannes 11,27 spricht Martha: „Ich glaube, dass du bist Christus, der Sohn Gottes, der in die Welt gekommen ist“. Und Johannes 20, 28 sagt Thomas zu Jesus: „Mein Herr und mein Gott!“

Selbstzeugnisse Jesu durch Anerkennung und Worte anderer.

Aber es gab auch ausdrückliche Bestätigungen durch Jesus.

Dazu noch zwei Stellen:

Matthäus 16, 16f, in der Öffentlichkeit vor dem Hohen Rat, als der Hohepriester ihn beschwor, ihnen zu sagen, ob er sei der Christus, der Sohn Gottes, da antwortete Jesus: Du sagst es, d.h. ja, ich bin`s. Eine Aussage vor dem Richter, unter Eid, und obwohl er wusste, dass sie ihn an das Kreuz bringen würde.

Jesus hat sein Bekenntnis zu seiner Gottessohnschaft mit seinem Leben bezahlt – das ist größter Wahrheitsbeweis.

Ergebnis: Die Frage: „Wer bist du?“ hat Jesus klar beantwortet. Nach seinem Selbstzeugnis ist er: der König Israels – der Davidsohn; der kommende Weltherrscher – der Menschensohn; der Mensch gewordene Gottessohn.

AMEN!

 

Gegenüberstellung der theologischen Grundaussagen von Christentum und Islam in einzelnen Abschnitten – Teil 3 von 9

Gottesverständnis oder –erkenntnis

Es gibt natürlich nicht zwei Götter, aber unser Gottesglaube ist doch  trotz ein paar Ähnlichkeiten – grun dlegend verschieden.

Christliches Gottesverständnis    

Es geht bei unserem Gottesglauben nicht in erster Linie um Gottes Herrschaft und Herrlichkeit, sondern um seine Gemeinschaft mit uns und die unsere mit ihm. Wenn auch Jesus die Nähe der Königsherrschaft Gottes verkündigt hat, so ist es doch die Herrschaft des barmherzigen Vaters und nicht die des strengen Weltenrichters, die er damit meint.

Von Jesus her wird der ganze christliche Glaube entworfen und geprägt, als besonders auch das christliche Gottesverständnis. Dabei wiederholt Jesus nicht nur das, was vom Alten Testament her bekannt und allgemeines jüdisches Erbe ist: Gott als Schöpfer, Weltenherrscher, Gesetzgeber und Richter; vielmehr bezeugt er Gott als seinen barmherzigen Vater. Denn Jesus war und ist weit mehr als ein Prophet und Gesetzesprediger. Er hat von Gott nicht nur gepredigt, sondern er hat ihn in seinem Leben und Wirken vergegenwärtigt und verkörpert.

Alle, die ihm begegnet sind, ist das aufgegangen: „Er predigt und handelt gewaltig, mit Vollmacht und nicht nur wie die Schriftgelehrten (Markus 1,22) . Zu seinem vollmächtigen Tun ist er entweder wirklich von Gott legitimiert, oder er ist ein sich Gottes Autorität anmaßender Gotteslästerer: „Mein Sohn, dir sind deine Sünden vergeben.“ Es saßen aber einige Schriftgelehrte und dachten in ihrem Herzen: Wie redet er so? Er lästert Gott! Wer kann Sünden vergeben als Gott allein. (Markus 2,5-7)  Mit aller Selbstverständlichkeit stellt Jesus seine Autorität über die des Mose und der Thora: „Ihr habt gehört, dass zu den Alten gesagt ist: Du sollst nicht töten!…Ich aber sage euch…“ (Matthäus 5,21f) . Antithesen und Bergpredigt). Sein Auftreten löst daher bei den Menschen, Anhängern und Gegnern, Staunen und Anerkennung, Erschütterung, Entsetzen oder auch Ärgernis aus. …Als Jesus seine Rede vollendet hatte, entsetzte sich das Volk über seine Rede. (Matthäus 7,28f)  Oder es heißt nach einem Wunder: „ So etwas haben wir noch nie gesehen.“(Markus 2,12)  Das wiederholt sich:“ Alle wunderten sich, dass solche Worte aus seinem Munde kamen… (Lukas 4,22) . So dass sie sich entsetzten und fragten: Woher hat dieser solche Weisheit und solche Taten.? „( Matthäus 13,54)

Man fing also an, über ihn zu rätseln und zu fragen: Wer ist das? Woher hat er das, woher nimmt er sich solche Vollmacht? Diese Fragen provoziert Jesus durch sein Verhalten und durch seine Predigt. Die Antwort darauf lieferte er nicht gleich selbst, die mussten die Menschen selbst finden. (Man nennt das „ indirekte Christologie“) Sie taten das, indem sie ihm viele verschiedene Hoheitstitel und Würdenamen gaben, zunächst aus der jüdischen Tradition, später auch aus den heidnischen Vorstellungen (Ferdinand Hahn, Die Hoheitstitel Jesu).

Im Einzelnen sind diese Titel sehr unterschiedlich, aber eines ist doch klar: Um Jesus waltete ein Geheimnis, er war etwas Besonderes, einer, der auffiel und eigentlich in kein Schema passte, vielmehr alle Kategorien sprengte, weil er in einzigartiger Weise mit Gott verbunden war. Das findet seinen Ausdruck darin, dass er Gott sehr vertraulich „ himmlischer Vater „ (Matthäus 10,32 u.ö.)  nannte und das seinen Jüngern so erklärte: „Alles ist mir übergeben von meinem Vater; und niemand kennt den Sohn, als nur der Vater, und niemand kennt den Vater als nur der Sohn  und wem es der Sohn offenbaren will“ (Matthäus 11, 27) .

Daraus entstanden die christliche Erkenntnis und das christliche Bekenntnis, dass Jesus mehr ist als ein Prophet, mehr als ein Schriftgelehrter, vielmehr der Sohn Gottes war und ist. Wir Christen glauben also, dass Gott in Jesus die Sehnsucht der Menschen nach seiner endgültigen Selbstoffenbarung erfüllt hat, dass er in ihm aus seiner Verborgenheit herausgetreten ist und sich selbst in der Welt ein für alle Mal gezeigt hat: „Das Wort ward Fleisch (Mensch) und wohnte unter uns und wir sahen seine Herrlichkeit, eine Herrlichkeit, als des eingeborenen Sohnes vom Vater voller Gnade und Wahrheit“ (Johannes 1,14) . Jesus ist der Mensch gewordene Gott. In ihm hat uns Gott sein Wesen offenbart. In ihm haben sich Gottes Transzendenz (Jenseitigkeit) und Immanenz (Diesseitigkeit) miteinander verbunden. Bei ihm trifft zu: „Niemand (anderer) hat Gott je gesehen; der eingeborene Sohn, der in des Vaters Schoß ist, der hat ihn uns verkündet“ (Johannes 1,18) .

In Jesus Christus sind Gottheit und Menschheit in einmaliger Weise miteinander verbunden. Er bringt uns den fernen Gott nahe. Er ist also genau der Mittler zwischen Gott und uns, den wir brauchen, um Gott zu finden und ihm nahe zu kommen. In ihm geschieht das Wunder der Inkarnation (Verleiblichung Gottes), auf das wir unbedingt angewiesen sind, um mit Gott in Verbindung zu kommen. Darum ist die Rede davon, dass Jesus Gottes Sohn ist, für unser Gottesverständnis unerlässlich. Im Menschen Jesus kommt uns Gott ganz nah, in ihm geht uns Gott erst richtig auf. Das hat seinen Niederschlag im gesamten Neuen Testament gefunden. Im Angesichte Jesu Christi erkennen wir Gott. Es kommt zur „Erkenntnis der Herrlichkeit Gottes im Angesichte Jesu Christi“ (2.Korinther 4,6). „ Er ist das Ebenbild des unsichtbaren Gottes“ (Kolosser 1,15) . „Er ist der Abglanz seiner Herrlichkeit und das Ebenbild seines Wesens“ (Hebräer 1,3) . Er schlägt die Brücke zwischen Gott und uns; er verbindet uns mit Gott; er versöhnt uns mit ihm; er hilft uns dazu, dass wir Gott vertrauen und lieben können. In ihm berühren sich Himmel und Erde in einmaliger Weise. Er ist für uns Menschen der Weg und Zugang zu Gott, die Erscheinung Gottes in der Welt, die Vermittlung des Getrennten, die Offenbarung des Verborgenen. Denn in Jesus lebt Gott, darum darf er sagen: „Ich und der Vater sind eins.“(Joh.10,30)  und : „Wer mich sieht, der sieht den Vater“ (Johannes 14, 9) . Das heißt: Wenn wir wissen wollen, wer und wie Gott wirklich ist, und wie wir mit ihm dran sind, dann müssen wir auf Jesus schauen und hören. Das ist an ihn gebunden.

Von Jesus her wird daher das christliche Gottesverständnis auf charakteristische Weise geprägt. Ganz vereinfacht ausgedrückt darf man als Christ sagen: So wie Jesus, so ist und handelt Gott. Gott bekommt geradezu ein menschliches Wesen und Gesicht durch ihn. Dabei überwiegen die Züge der Freundlichkeit, Liebe und Barmherzigkeit Gottes die der Strenge und Gerechtigkeit. Das ist nicht völlig neu in der Bibel. Jesus knüpft hier an Aussagen des Alten Bundes an und bestätigt sie: Gott sucht von Anfang an sogar den schuldig gewordenen Menschen: „Adam, wo bist du?“ (1.Mose3,9) . Er schließt mit ihm seinen Bund (1.Mose 15,18 u.a.).  Er schützt und segnet ihn (1.Mose 12,3)  und liebt ihn (Hosea 2,21; 11,1)  und hält ihm die Treue. Er vergibt sogar dem irrenden Menschen seine Schuld. Darum heißt es von ihm schon im AltenTestament wiederholt: „Barmherzig und gnädig ist der Herr, geduldig und von großer Güte“ (Psalm 103,8)

Dieser Zug wird bei Jesus noch dahingehend verstärkt, dass man sogar von einem „Herunterkommen“ Gottes sprechen kann, von seiner Kondeszendenz, von einer Selbstentäußerung und einem „Gewaltverzicht“ Gottes. Dafür ist der ganze Lebensweg Jesu ein einziges, großes Zeugnis: „ Er entäußerte sich selbst und nahm Knechtsgestalt an …erniedrigte sich selbst und ward gehorsam bis zum Tode, ja zum Tode am Kreuz“ (Phil 2,7f). Darin liegt das Einmalige und Revolutionäre im christlichen Gottesbegriff, dass es hier gewagt wird, Gottes Wesen als Liebe zu beschreiben: „ Gott ist die Liebe …“ (1.Johannes 4,16)  und diese seine Liebesfähigkeit mit seiner Leidensfähigkeit in Verbindung zu bringen: „Gottes Sein ist im Leiden, und das Leiden ist in Gottes Sein selbst, weil Gott Liebe ist“ (Jürgen Moltmann, Der gekreuzigte Gott, S. 214) .

So hat das schon Martin Luther in seinem persönlichsten Lied besungen: „ Da jammert Gott in Ewigkeit mein Elend übermaßen; er dacht an seine Barmherzigkeit und wollt mir helfen lassen; er wandt zu mir das Vaterherz, es war bei ihm fürwahr kein Scherz, er ließ`s sein Bestes kosten. Er sprach zu seinem lieben Sohn:“ Die Zeit ist hier zu erbarmen; fahr hin mein`s Herzens werte Kron und sei das Heil dem Armen“ …Der Sohn dem Vater g`horsam ward, er kam zu mir auf Erden von einer Jungfrau jung und zart; er wollt mein Bruder werden. … Er sprach zu mir: „Halt dich an mich, es soll dir jetzt gelingen, ich geb mich selber ganz für dich, da will ich für dich ringen; denn ich bin dein und du bist mein, und wo ich bleib, da sollst du sein, uns soll der Feind nicht scheiden. Vergießen wird er mir mein Blut, dazu das Leben rauben, das leid ich alles dir zugut, das halt mit festem Glauben…da bist du selig worden.“ (Evangelisches Gesangbuch 341,4-8 ).

So sind für uns Gott und Jesus Christus untrennbar miteinander verbunden. Darum hängt für uns und unser Heil alles an Jesus Christus. Das macht die Lebendigkeit und Menschenfreundlichkeit des christlichen Gottesbildes aus. Jesus verkündigt uns und verbürgt uns, dass Gott von dem gleichen Erbarmen erfüllt ist wie der Vater im Gleichnis vom verlorenen Sohn: „ Als er (der heimkehrende Sohn) noch weit entfernt war, sah ihn sein Vater, und es jammerte ihn; er lief und fiel ihm um den Hals und küsste ihn“ (Lukas 15,20) .

Wir sehen als Christen Gott als den Vater Jesu Christi und unseren Vater. Das raubt ihm nichts von seiner Größe, Erhabenheit, Macht, Heiligkeit und Herrlichkeit, aber es verbindet das alles mit der Liebe Gottes, sowie es Gerhard Tersteegen singt: „Ich bete an die Macht der Liebe, die sich in Jesus offenbart“. Denn es ist die „Liebe Gottes, die in Jesus Christus ist, unserem Herrn“ (Römer 8,39) .

Islamisches Gottesverständnis

Gerade diese Kondeszendenz (dieses Herabsteigen) Gottes ins Menschliche durch Jesus wird im Islam ausdrücklich und wiederholt bestritten und als Beleidigung Allahs hingestellt. Ihr wird entgegengehalten die einsame, transzendente Einzigkeit Allahs: „Es gibt keinen Gott außer Allah….“ Isa ist nicht sein Sohn, und Allah nicht sein Vater (und schon gar nicht unser).

Für das Gottesverständnis des Islam kennzeichnend und entscheidend ist also seine Einzigartigkeit. So ergeht also die Aufforderung an Mohammed: „ Sprich: Er ist der eine Gott, der ewige Gott, er zeugt nicht und wird nicht gezeugt, und keiner ist ihm gleich.“(Sure112,1-4)  Genau das hebt auch das islamische Glaubensbekenntnis hervor: „ Es gibt keinen Gott außer Allah…..“ Fast wörtlich stimmt damit eine andere Sure überein: „ Er ist Allah, außerdem es keinen Gott gibt…“ (Sure 59,23f)

Damit greift der Islam bestätigend das jüdische Urbekenntnis auf, das „Sch`ma Jisrael …“: „ Höre Israel, Jahwe ist unser Gott, ein einiger (oder einziger) Jahwe (5. Mose 6,4) . Das schreibt auch das erste Gebot zwingend vor: „ Du sollst nicht andere Götter haben neben mir!“ (5.Mose 5,7)

Daraus ergibt sich für das Judentum und Islam mit innerer Notwendigkeit Gottes Überlegenheit über alles, seine uneingeschränkte Macht und Herrschaft. Darin sieht darum der Islam die wesentliche Eigenschaft Allahs in seiner Allmacht. Das findet seinen Ausdruck auch in dem häufig wiederholten Gebetsruf und Bekenntnis: Allahuakbar!“ ( Allah ist größer, nämlich größer und mächtiger als alles andere.)

Das zeigt sich vor allem in seinem Wirken als Schöpfer. Hier waltet er völlig souverän: „ Und er ist´s , der da schuf, Himmel und Erde in Wahrheit, und an dem Tage, da er spricht: „ Sei! So ist`s“ (Sure 6,72) . Allah besitzt die absolute Macht, zu tun, was er will. Er herrscht darum als unumschränkter Herr und Herrscher über die ganze Welt und alle Menschen.

Er teilt den Menschen seinen Willen mit und lässt sie durch seine Boten (Propheten) vor Ungehorsam warnen und zum Gehorsam aufrufen und auffordern. Er wird dann am Ende der Tage als „Herrscher am Tage des Gerichts“ entscheiden und gerecht und unbestechlich feststellen (lassen), ob jeder einzelne Mensch seinen Willen genügend erfüllt hat, um ihm Eingang ins Paradies zu gewähren, wenn dies nicht gar schon von Ewigkeit her vorherbestimmt ist.

Aber das eigentliche Wesen Allahs bleibt in seiner himmlischen Ferne und Überlegenheit verborgen für die Menschen. Im Koran finden sich aber viele Namen für Allah, aus denen man vielleicht etwas über sein Wesen erkennen kann. Die islamische Tradition hat 99 sogenannte herrliche und schöne Namen zusammengestellt.

Doch das ist fast des Guten zu viel, denn man verliert dabei leicht den Überblick und vor allem sind es ganz unterschiedliche, ja, gegensätzliche Eigenschaften, die darin von Allah ausgesagt werden. Neben seiner immer wieder betonten Macht tauchen so positive Aussagen auf wie: Er ist der Treue, der fürsorgliche Bewahrer, der Freundliche, der Sanftmütige, der Barmherzige, sogar der Vergebende heißt er. Das wird jedoch dadurch in Frage gestellt und zum Problem, dass daneben auch durchaus negative Eigenschaften aufgezählt werden: Der Erniedrigende, der Demütigende, der Eroberer, der Tötende, der Rächer, der Schaden Verursachende, der Verbietende, der Verhinderer, der Listenreiche oder ähnliches.

Wie passt das zusammen? Was gilt am Ende? Woran kann man sich bei Allah halten? Auch seine „schönsten Namen“ geben uns deshalb leider keine klare Auskunft über sein Wesen. Allah bleibt der ganz Andere, der Unerforschliche, der Ferne, der unbekannte Gott. „Damit sind wir bei der Kernaussage des Islamtheologen Al Razali angekommen, der viel über die 99 Namen Allahs meditiert hatte und dann schrieb, dass sie alles oder nichts bedeuten, dass ein Name Allahs den anderen aufhebt und seine Eigenschaft von der anderen überdeckt wird. Kein Mensch kann Allah begreifen“ (Abd-al-Masih, wer ist Allah im Islam?, Seite 23 ).

Dieser zwiespältige Eindruck von Allah ergibt sich bei genauerem Hinsehen auch sonst: Einerseits wird er in der Einleitung fast jeder Sure als der „barmherzige Erbarmer“ bezeichnet, andererseits begegnet er einem im Gericht als der genaue und strenge und unerbittliche Richter. Einerseits ist von seiner Rechtsleitung für die Frommen die Rede, andererseits heißt es aber auch: „Er lässt irren, wen er will und er leitet recht, wen er will.“(Sure 16,95) . Ja, das wird sogar noch härter ausgedrückt: „Wenn wir (Allah) gewollt hätten, dann hätten wir einem jeden seine Rechtleitung gegeben. Jedoch soll das Wort von mir wahr werden: Ich werde die Hölle voll machen mit Geistern und mit Menschen“ (Sure 32,13) . Das heißt: Allah will es so und er will z.B. gerade das nicht, was es von Gott im Neuen Testament heißt: „ Gott will, dass allen Menschen geholfen werde und sie zur Erkenntnis der Wahrheit kommen“(Timotheus 2,4).

Die einzelnen Muslime wissen also nicht, zu welcher Gruppe sie gehören. Keiner weiß, wie er mit Allah dran ist, ob seine Bemühungen um Gehorsam genügen oder ob er also hoffen darf, im Gericht zu bestehen. Es steht alles letztlich unter einem großen Vorbehalt, einer für den Menschen schrecklichen Ungewissheit, es gilt nur „Wenn Allah will“. Von Liebe Allahs zu den Menschen ist nur wenig die Rede, und wenn, dann eher auf negative Weise: „ Allah liebt nicht die Ungerechten“ (Sure 3,50 u. ö.) . Es bleibt auch ganz offen, ob Allah am Schicksal der einzelnen Menschen Anteil nimmt oder ihm etwas an ihnen liegt. In einem Hadith ( einem alten Traditionsspruch) heißt es sogar: „ Bei der Schöpfung nahm Allah einen Erdenkloß, teilte ihn in zwei Teile, warf den einen in die Hölle und sprach: „Diesen in das ewige Feuer, was kümmert´s mich?“ Und er warf den anderen in den Himmel und sprach: „ Diesen ins Paradies, was kümmert´s mich?“ (nach Emanuel Kellerhals, Der Islam, Seite 74 ) Danach nimmt Allah keinerlei Anteil am Los seiner Geschöpfe. Er ist von einer erhabenen, zugleich aber auch fürchterlichen Unbeteiligtheit ihnen gegenüber.

Ganz im Unterschied zu dem Bild, das Jesus von Gott zeichnet im Gleichnis vom verlorenen Sohn: „ Es jammerte (kümmerte) ihn (den Vater), als er seinen heimkehrenden Sohn sah“ (Lukas 15, 20) . Was bedeutet dann auf diesem Hintergrund die Aussage von Allah als dem „barmherzigen Erbarmer“? Um ein „herzliches Erbarmen“(Luk.1,78) , wie es von Gott in der Bibel bezeugt wird, kann es sich bei Allah nicht handeln. „Sein Erbarmen“ hat ja mit seinem Wesen nichts zu tun. Er zeigt uns, wann und wem er will, das lässt sich nicht voraussagen, man kann sich darauf nicht verlassen. Dieses „Erbarmen“ gleicht allenfalls der Geberlaune eines großen Herrn.

Allah bleibt also für den Menschen unnahbar, unbekannt und fast unpersönlich, er tritt den Beweis für seine Barmherzigkeit eigentlich nie an. „Auf jeden Fall gilt, dass die Barmherzigkeit Allahs kein brennendes Erbarmen für die … Verlorenen ist“ (Jörg Baur, der christliche Gottesglaube angesichts der Herausforderung durch den Islam, Seite 162 ). Der Islam macht das Herzstück des christlichen Gottesglaubens zunichte: Die liebevolle väterliche Zuwendung Gottes, besonders zu den Verlorenen. Vater dürfen Muslime übrigens Allah darum nicht nennen, das wäre viel zu vertraulich und „familiär“. Diesem übermächtigen, fernen Gott ist der Mensch als Sklave ausgeliefert und muss ihm dienen. Dabei will Allah nicht in erster Linie Liebe vom Menschen, sondern Gehorsam und Unterwerfung  (Gebetshaltung!).

Aus all dem Gesagten ergibt sich eindeutig und klar, in Allah vermögen wir den Vater Jesu Christi nicht wieder zu erkennen, d.h., islamisches und christliches Gottesverständnis oder Gottesglaube sind himmelweit voneinander verschieden. Deswegen sind uns auch gemeinsame Gebete und Gottesdienste unmöglich.

Das alles sind die einschneidenden und verhängnisvollen Folgen der islamischen Bestreitung der Gotteserkenntnis in Jesus Christus. Wenn man die entscheidende Offenbarung Gottes in Jesus Christus streicht, dann bleibt von der eigentlichen Gotteserkenntnis so gut wie nichts übrig. Nichts als die Überlegenheit, Unsichtbarkeit, Unzugänglichkeit und also Fremdheit Allahs. Er bleibt natürlich immer oben, er steigt nicht herab, er tritt nicht wirklich aus sich heraus, er gibt nichts von sich selbst preis, er kümmert sich nicht um die Menschen, er liebt nicht wirklich, er schließt keinen Bund mit einem Volk oder einem einzelnen, er ist darum um nichts verpflichtet, er bindet sich nicht, er hat „kein Herz“.

Damit rückt Allah im Vergleich mit dem christlichen Gott in weite Ferne; er verschließt sein Wesen vor uns; er hat keine persönliche Beziehung zu uns. Allah zieht sich gleichsam in den Himmel zurück und wird wieder ganz zu dem, dem Luther den „verborgenen Gott“ genannt hat. Ihn kann man nicht verstehen, darum eigentlich auch nicht lieben, man muss ihn aber fürchten. Das soll man wohl auch. Vor allem soll man sich ihm unterwerfen.

Mohammed ließ von dem biblischen Gott nur diesen fernen Allah in seiner unnahbaren Distanz zum Menschen übrig, während Jesus der Prediger und Offenbarer des nahen, menschenfreundlichen Gottes war. Damit dürfte hinreichend deutlich geworden sein, dass es sich um zwei völlig verschiedene Gottesvorstellungen handelt.

Christentum und Islam Teil 2 / 9

Gegenüberstellung der theologischen Grundaussagen von Christentum und Islam in einzelnen Abschnitten – Teil 2 von 9

Jesus oder

Das christliche Jesusbild

Dazu nur ein paar Bemerkungen, da ich das als weithin bekannt voraussetzen kann: Das Bild, das uns die Evangelien von Jesus zeichnen, ist anschaulich, lebendig, persönlich, wir erfahren viel von Namen der Personen und Orte seiner Wirksamkeit in Galiläa und eindrucksvolle Geschichten. Wir erleben ihn als einfühlsam, liebevoll, voll Zuwendung zu den Menschen, besonders zu den Kleinen, Armen, Kranken, Ausgestoßenen, schuldig Gewordenen und Verlorenen, sogar zu den Heiden. Es ist ihm darum zu tun, ihnen zu helfen, sie zu heilen, zu speisen, Ihnen ihre Schuld zu vergeben, sie anzunehmen und so zu retten: „ Des Menschen Sohn ist gekommen zu suchen und zu retten, was verloren ist“ (Lukas 19,10 ).

Wir erfahren von seiner engen, vertraulichen Verbundenheit mit Gott, den er „seinen himmlischen Vater“ nennt und dessen Nähe er verkündigt und verkörpert, dessen Kommen die Menschen zur Umkehr ruft, aber nicht als Gericht, sondern als Heimkehr. Gott zeichnet er als liebevollen, mitfühlenden und mitleidenden Vater, etwa im Gleichnis von der Heimkehr des verlorenen Sohnes; sein Herrschaft und ihr Kommen beschreibt Jesus als Freuden- und Hochzeitsmahl, zu dem alle geladen sind, gerade auch die Fernen. Sein Kommen kündigen Zeichen der Rettung und Heilung an (Jesu Wunder).

Diese dienen allerdings nicht ihm selbst als Wunderzeichen und –beweise, sondern den Geheilten als Zeichen der göttlichen Liebe und Barmherzigkeit. In alledem kommen bei Jesus Gottes Barmherzigkeit mit den Menschen und seine eigene zum Ausdruck. Von Gott und Jesus wird das herrliche „ es jammerte ihn seiner „ ausgesagt: „ Und als er das Volk sah, jammerte es ihn; denn sie waren verschmachtet und zerstreut, wie Schafe, die keinen Hirten haben „( Mt. 9,36 ). Die Mission Jesu wird besonders im Johannesevangelium zusammengefasst als göttliche Liebe: „ Wie er die Seinen geliebt hatte,… so liebte er sie bis ans Ende“ ( Joh.13,1f ). Und: „ Niemand hat größere Liebe als die, dass er sein Leben lässt für seine Freunde „ (Joh.15,13 ). Auch sein Gang ans Kreuz ist nichts anderes als die Konsequenz seiner liebenden Selbsthingabe und Solidarität mit den Menschen: „ Christus lebt in mir … der mich geliebt hat und hat sich selbst für mich dahingegeben „ ( Galater 2,20 ) . Darum ist die Nachricht von Jesus für uns insgesamt eine Heils- und Rettungsbotschaft, eine Freudenbotschaft und heißt deshalb im Neuen Testament Evangelium. Alles ist hier für uns auf den Ton der Freude gestimmt. Schon bei Jesu Geburt verkündet der Engel: „ Siehe, ich verkündige euch große Freude… „; und in seinem Leben wie im Gleichnis: „Freuet euch mit mir…so wird Freude im Himmel sein…und sie fingen an fröhlich zu sein…, denn dein Bruder war verloren und ist wiedergefunden worden! „(Lukas 15,6.9.24.32) Darum dichtet Luther mit vollem Recht in seinem persönlichsten Lied: „ Nun freut euch, liebe Christen g`mein und lasset uns fröhlich springen, dass wir getrost und all `in ein mit Lust und Liebe singen, was Gott an uns gewendet hat und seine süße Wundertat, gar teu`r hat er`s erworben „ ( Evangelisches Gesangbuch 341,1).

Der islamische Isa
 Jesus kommt in einer Reihe von Stellen im Koran unter dem Namen Isa vor, aber von ihm werden keine Geschichten erzählt, keine Namen (außer dem seiner Mutter Maria), sein Leben und Wirken wird wenig anschaulich, man findet davon nur einen blassen Abglanz. Lediglich die Geburtsgeschichte wird etwas ausgeführt und dabei sogar die Jungfrauengeburt erwähnt und bejaht, die jedoch im Koran für das Wesen des Jesuskindes nichts ausmacht; sie ist lediglich Ausdruck für die absolute Allmacht Allahs. Die Jungfrauengeburt begründet also im Islam nicht etwa die Gottessohnschaft Isas. Außerdem wird die Geburtsgeschichte legendenhaft ausgeschmückt (nach dem apokryphen Kindheitsevangelium des Thomas): Der Säugling Jesus spricht schon in der Wiege und das Kind zaubert mit Tonvögeln, die es lebendig werden lässt. Außerdem sagt schon der Säugling Isa genau das, was Mohammed von ihm behauptet: Dass er nur ein Diener/Knecht Allahs sei (Sure 19,16-35 ; Sure 3,42f .)

Beim erwachsenen Isa werden zwar seine Jünger erwähnt, jedoch ohne ihre Namen zu nennen. Jesus wird hauptsächlich als Prophet/Gesandter Allahs verstanden, der im Evangelium (das Mohammed fälschlicherweise für ein Gesetzbuch hält) angeblich die gleiche Botschaft bringt wie Mohammed selbst. Als solcher Vorläufer wird Isa durchaus anerkannt und geehrt. Er hat aber nichts Neues und Eigenes zu sagen, er verkündet nur, was alle Propheten vor ihm (nach dem Islam) schon gesagt haben: Gottes Einzigartigkeit und Allmacht und seinen Willen. Deswegen heißt er hier „ ein Bestätiger der Tora „, der auch ein Gesetzbuch erhält wie Mose und Mohammed (Sure 3,43 ). Deswegen ermahnt der Koran die Christen: „ O Volk der Schrift, überschreitet nicht euren Glauben und sprecht von Allah nur die Wahrheit. Der Messias Isa, der Sohn der Maria, ist der Gesandte (Prophet) Allahs und sein Wort, das er in Maria gelegt hat und Geist von ihm. So glaubt an Allah und an seinen Gesandten und sprecht nicht „Drei“. Stehet ab davon, gut ist`s euch. Allah ist nur ein einziger Gott….. Nimmer ist der Messias zu stolz, ein Diener Allahs zu sein …(Sure 4,169f .).

Damit missversteht Mohammed die Bedeutung und den Sinn des Evangeliums von Jesus Christus völlig. Entsprechend fällt im Islam bei Isa das eigentliche Evangelium als Freudenbotschaft unter den Tisch. Isa wird zu einem reinen Gesetzesprediger wie Mose und Mohammed.

Pauschal werden wohl auch die Wunder Jesu erwähnt, aber entgegen ihrem biblischen Sinn als Wunderbeweise für Jesus umgedeutet. Sie heißen im Koran öfter „ deutliche Zeichen „ (Sure 2,81, 254 ). Ihre Bedeutung für die Geheilten fällt dabei weg, sie spielen nur eine Rolle für Jesus selber. Sie sollen ihn als Propheten Allahs bestätigen. Isa weigert sich nicht (wie der biblische Jesus), die Zeichenforderung der Menschen zu erfüllen.

Der schwerwiegende Unterschied zum biblischen Jesus ist jedoch die Bestreitung des Kreuzestodes Isas im Koran. „ Und sie (die Juden) sprachen: „Siehe, wir haben den Messias Isa, den Sohn der Maria, den Gesandten Allahs ermordet „ –und doch ermordeten sie ihn nicht und kreuzigten ihn nicht, sondern einen ihm ähnlichen… „ (Sure 4,156 )

Die Leugnung des Kreuzes kann Mohammed nicht aufgrund von zuverlässigen historischen Nachrichten ausgesprochen haben. Er kann im Abstand von 600 Jahren nach der Passion Jesu nicht über bessere Informationen als die Evangelien und das übrige Neue Testament verfügen, in dem der Kreuzestod Jesu mehr als sechzig Mal erwähnt wird. Hinter der Ablehnung des Kreuzes steht bei Mohammed vielmehr seine theologische Überzeugung, dass nämlich Allah seine Boten nicht scheitern lässt, dass also „nicht sein kann, was nicht sein darf“ (Christian Morgenstern). Mohammed ertrug das Kreuz des Propheten Isa nicht, ärgerte sich daran und erwies sich darin als Feind des  Kreuzes Christi, wie Paulus schreibt: „ Denn viele leben so, dass ich euch oft von ihnen gesagt habe, nun aber sage ich`s unter Tränen: sie sind die Feinde des Kreuzes Christi „ (Philipper 3,18 ; vergl. auch 1. Korinther 1,23). Mohammed behauptet sogar, dass Isa am Ende der Tage wiederkommen und alle Kreuze zerstören und dann den Islam verkündigen werde.

Dies sind die wesentlichen Aussagen, die sich im Koran über Isa finden. Der Gesamteindruck ist dürftig. Hier fehlt vieles, ja Wesentliches. Der Islam bietet uns von Jesus kaum mehr als ein dürres Gerippe, ihm fehlt hier jede Lebendigkeit, auch jede Anteilnahme oder Zuwendung zu den Menschen. Ihm fehlt insbesondere das Wesentliche: die Liebe und Barmherzigkeit, mit der Jesus den Verlorenen nachgegangen ist: „ Des Menschen Sohn ist gekommen zu suchen und zu retten, was verloren ist“ (Lukas 19,10 ).

In dem Zerrbild, das der Koran von Jesus zeichnet, ist der Jesus von Nazareth des Neuen Testamentes nicht wiederzuerkennen. Mohammed hat ihn verändert, verkürzt, verfälscht und nach seinem eigenen Vorbild und seiner Vorstellung von Propheten umgeformt. Er hat ihn in die lange Reihe der Propheten Allahs eingereiht und als seinen letzten Vorläufer zwar anerkannt, aber damit doch herabgestuft. Mohammed meint als „ Siegel der Propheten „ Jesus überbieten zu können. Dabei kann er ihm in Wahrheit nicht das Wasser reichen. Man denke nur an das Thema von Gewalt und Gewaltlosigkeit. Während sich Mohammed sich ungeniert der kriegerischen Gewalt bediente, ging Jesus den Weg der Gewaltlosigkeit und darum des Leidens. Er wollte lieber Unrecht leiden als Unrecht tun.

Wir

 Wer den Sohn Gottes hat, der hat das Leben; wer den Sohn Gottes nicht hat, der hat das Leben nicht. (1. Joh.5,12 )

1939 machte die damalige englische Königin einen Besuch in Kanada. Sie war von ihrem Gatten, König Georg VI., begleitet. Es gab einen großen Empfang. Ein Programmpunkt war eine Liedeinlage. Ein alter Indianer sang mit einer klaren Stimme ein Jesuslied folgenden Inhaltes: „ Ich liebe Jesus mehr als Silber und Gold. Ich liebe Jesus mehr als alle Schätze der Welt.“ Nach dem Lied fragte der Häuptling in demütiger Haltung: „ Majestät, ist mir eine Frage erlaubt? Sie nickte Zustimmung. Dann fragte der Häuptling: „ Majestät, haben Sie Jesus?“ Es entstand eine kleine Pause. Auf den Gesichtern mancher Minister stand der Unwille geschrieben. Da antwortete die Königin: „ Es glauben viele an Gott. Es glauben manche an Jesus. Ich muss bekennen, dass er mein Herz besitzt.“ Das war kein rührseliges, sondern ein tapferes Bekenntnis. Es gehört Mut dazu, bei einer solch großen und erlauchten Zuhörerschaft sich auf die Seite Jesu zu stellen.

2. Welche Bedeutung hat eine derartige Aussage? Ohne Zweifel war Jesus von Nazareth eine der wunderbarsten Gestalten der menschlichen Geschichte. Gibt es aber nicht noch mehr solcher Persönlichkeiten, die uns Hochachtung abnötigen ?  Manche berauschen sich an den Taten großer Feldherren, etwa eines Alexander des Großen oder Julius Cäsars. Andere sind erfüllt von der Poesie eines Homer oder eines Dante. Wieder andere sind fasziniert von den großen Denkern, etwa von Aristoteles oder Kant. Nicht zuletzt gibt es solche, die den großen Sittenlehrern und ethischen Reformern den Preis zuerkennen. Vielleicht wird dabei der Name Sokrates genannt oder gar der Martin Luthers. Taucht nun in diesem großen Relief menschlicher Heroen auch der Name Jesus auf?  In der Tat wird von vielen Jesus unter die großen Namen der Menschheit einrangiert. Dieser Ehrerweisung wird aber im Neuen Testament ein jähes Ende bereitet. Jesus braucht keine menschlichen Lorbeeren. Jesus ist nicht ein großer Name neben anderen großen Namen. Paulus bezeugt: „ Gott hat Jesus einen Namen gegeben, der über alle Namen ist.“ Nur wer den Sohn Gottes hat, der hat den Anschluss an das eigentliche Leben. Wer den Sohn Gottes nicht hat, der hat das Leben nicht. Diese Aussage ist so aufreizend, dass wir uns mit der Person Jesu auseinandersetzen müssen.

Wir fragen, welche Beziehungen gelten für das Verhältnis des Sohnes Gottes zu uns Menschen?

1. Die erste Aussage ist die von Apostelgeschichte 4, 12 : „ Es ist in keinem andern Heil, ist auch kein anderer Name unter dem Himmel den Menschen gegeben, darin wir sollen errettet werden.“ Dieser Vers ist zu unterstreichen. Paulus bezeugt den Athenern in seiner großen Areopagrede: „ Gott hat einen Mann gesetzt, durch den er der Menschheit Gericht und Heil beschert.“ Dieser Eine ist Jesus. Für diesen Jesus gibt es keine Ersatzperson. Jesus von Nazareth ist nicht auswechselbar wie etwa eine Zahl in einer mathematischen Gleichung. Wir müssen als harte, unabänderliche Wirklichkeit 
die Ausschließlichkeit des Gottessohnes
 hinnehmen. Die Ausschließlichkeit ist vielen zum Ärgernis geworden. Ein Schweizer sagte mir einmal in Bern: „ Es spiele keine Rolle, ob man Buddha, Mohammed oder Christus verehre. Wichtig sei nur, dass wir das, was wir glauben, ganz sind.“ Eine solche These bricht an der Ausschließlichkeit des Gottessohnes. Andere meinten: „ Wer das Leben in selbstloser Liebe geführt habe wie Kagawa in Japan, wie Mathilde Wrede oder Albert Schweizer in Lambarene, der sei doch auf dem richtigen Weg. Auf die reine Mitmenschlichkeit käme es an, nicht auf die Dogmen. So reden die Idealisten, die ethischen Materialisten, die Philantropen und die Modernisten. Und doch zerbricht die These von der reinen Mitmenschlichkeit ohne die Person Jesu an der Ausschließlichkeit des  Gottessohnes.

Was reine Mitmenschlichkeit ohne Jesus ist wurde bei einem Besuch in Curitiba (Südamerika) demonstriert. Ich besuchte die Albergo noturno, ein Obdachlosenasyl. Die Leiterin nahm uns willig auf und berichtete alles, was uns interessierte. Zunächst sah ich die Besucher, die im Korridor auf das Bad, die Desinfizierung und das warme Essen warteten. Jeder wird aufgenommen, der Arbeit sucht oder am nächsten Tag zur kostenlosen Behandlung in das Krankenhaus geht. Ich fragte die freundliche Heimleiterin: „ Wer finanziert diese Aktion?“ – „ Die vermögenden Spiritisten“, war die Antwort. Bei dieser Herberge handelt es sich um eine soziale Einrichtung der Kardecschen Spiritisten. Bei der ausführlichen Unterhaltung forschte ich auch nach dem Motiv dieser caritativen Arbeit. Man sagte mir, es gehöre zum Evangelium der Spiritisten, dass man in großen Zeiträumen wieder auf die Welt komme, also seine Reinkanation erlebe. Es ist nun von entscheidender Bedeutung, ob man im weiteren Leben aufsteigt oder absteigt. Ausschlaggebend dafür ist, wie man sich im vorhergehenden Leben bewährt habe. Wichtig war mir auch der Hinweis auf Jesus. Die Heimleiterin erklärte: „ Jesus hat seinen Jüngern die Füße gewaschen. Dadurch hat er uns ein Vorbild gegeben, dem wir nacheifern.“ Damit hatten wir diesen oft gehörten Satz wieder. Jesus ist Vorbild. Jesus ist der wunderbarste Vertreter der Mitmenschlichkeit, aber nicht der Erlöser. Diese These zerbricht an der Ausschließlichkeit des Gottessohnes. Jesus ist nicht nur eine Idealgestalt, nicht nur das hehre Vorbild, sondern der Sohn des Vaters, von Gott gesetzt als Richter und Retter. Er begnügt sich nicht mit unseren Ehrenprädikaten, sondern will uns selbst. Seine Ausschließlichkeit ist auch von uns aus nicht zu umgehen. Hier hilft keine orthodoxe, keine  mennonitische, keine dialektische, keine moderne Theologie, hier gilt nur eines, die klare Bekehrung zum Sohn Gottes.

2. Eine zweite stahlharte Aussage im Blick auf unser Verhältnis zu Jesus tritt uns im Neuen Testament entgegen. Man kann über Jesus diskutieren, man kann ihn ablehnen. Man kann ihm zustimmen. Und dennoch bekommen wir ihn nicht in unseren Griff. Er wohnt in seinem Bereich, der für uns nicht zugänglich ist. In Johannes 6, 44  sagt der Herr: „ Es kann niemand zu mir kommen, es sei denn, dass ihn ziehe der Vater.“ Diese Aussage bezeugt wieder etwas Ungeheuerliches:
Die Unerreichbarkeit des Gottessohnes.

Die unsichtbare Welt ist schlechterdings für die sichtbare Welt verschlossen. Von der menschlichen Dimension gibt es keinen Weg zur Dimension Gottes. Er wohnt in einem Licht, da niemand zu ihm kommen kann.

Er ist räumlich oder zustandsmäßig so von uns abgesondert, dass es von uns aus gar keine Kontaktmöglichkeit gibt. Es liegt nur auf der Linie dieser Aussage, dass dann auch niemand seine Gegenwart ertragen kann. Johannes fiel bei seiner Begegnung in Offenbarung 1, 17  wie ein Toter zu seinen Füßen. Wenn der Lebenskreis des Menschen und der Lebenskreis des Gottessohnes sich berühren, dann ist das eine tödliche Bedrohung, eine vernichtende Berührung. Unsere Atmosphäre, unser Lebenshauch ertragen nicht seinen Hauch.

3. Die Bibel lässt uns mit diesen beiden stahlharten Feststellungen noch nicht in Ruhe. Sie macht uns im Blick auf unsere Stellung zu Christus mit einer dritten Front bekannt: es ist
unsere rettungslose Verlorenheit.
Wie oft hören wir diese Grundmelodie in der Bibel: „ Da ist keiner, der Gutes tue, auch nicht einer. Von der Fußsohle bis zum Scheitel ist nichts Gesundes an uns. Vor dir, o Gott, ist kein Lebendiger gerecht. Sie sind allzumal Sünder und mangeln des Ruhmes, den sie vor Gott haben sollten.“ 

Die Heiligkeit Gottes ist der Tod des Sünders. Dazu ein Beispiel. Im Frühjahr 1945 wurde bei Gdingen in der Nähe von Danzig ein gewaltiger U-Bootbunker gesprengt. In dem Bunker wurden einige Soldaten mit eingeschlossen, die sich aus den riesigen Proviantvorräten einiges holen wollten. Die gewaltigen Betonblöcke versperrten ihnen den Rückweg. Sie blieben in dickster Finsternis eingeschlossen. Sie hatten genug Lebensmittel, weil dort unten die Vorräte für eine halbe Division gelagert waren. Sie hatten auch Luft und Wasser, nur kein Licht. Jahrelang lebten sie in der Dunkelheit. Einige starben. Nach acht Jahren wurden die beiden letzten befreit. Der eine starb sofort, als er ins Licht trat. Der andere erblindete und starb kurz danach. Sie waren jahrelang so durch die Finsternis geprägt, dass sie vom Licht getötet wurden. Vom Licht getötet! Das ist ein Gleichnis für einen biblischen Sachverhalt. Der sündige Mensch vergeht mit seiner Finsternis an der Reinheit und Heiligkeit Gottes. Das entspricht der rettungslosen Verlorenheit des Menschen.

4. Nun tragen wir die bisherigen Ergebnisse zusammen. Die Bibel richtet drei Barrikaden auf:

  •  Die Ausschließlichkeit des Gottessohnes.
  • Die Unerreichbarkeit des Gottessohnes.
  •  Die rettungslose Verlorenheit des Menschen.

Was soll nun werden? Wer in Ruhe über diese drei Positionen nachdenkt, wird zu der Jüngerfrage kommen: „ Herr, wer kommt denn da noch durch?“ Jesus antwortete ihnen: „ Bei den Menschen ist es unmöglich.“ Das ist harte Wirklichkeit, vor der wir stehen. Bilde sich niemand ein, er könne den Himmel stürmen. Denke niemand, er könne durch seine moralischen Anstrengungen die Betonklötze beseitigen, die den Weg versperren.
Von einem Evangelisten, Johannes Hansen, hörte ich in der Schwarzwaldhalle in Karlsruhe ein anschauliches Beispiel. Es gibt in der Evangelischen Kirche und den Evangelischen Freikirchen so viele Christen, die denken, man komme automatisch in den Himmel. Man wird nach der Geburt auf ein Fließband gesetzt. Die Kirche oder Gemeinden bringen von Zeit zu Zeit durch Amtshandlungen einige Handgriffe an, sei es Kindertaufe oder Erwachsenentaufe, Unterricht und anderes. Das Fließband trägt einen immer wieder weiter, bis der letzte Handgriff erfolgt, die Bestattung und die salbungsvolle Beerdigungsrede und Beerdigungsliturgie. Dann müsste dieser Fließbandfahrer eigentlich im Himmel sein. Ja, wenn es so einfach wäre mit dieser Automatik!

Eines ist sicher: man kann automatisch in die Hölle kommen, aber nicht in den Himmel.

Wir hörten von den drei unübersteigbaren Barrikaden. Heißt dieses dreifache „Unmöglich“, dass wir bei Gott abgeschrieben sind? Nein, was uns unmöglich ist, das tat Gott in der Sendung seines Sohnes.

II. Wir fragen daher, wie Gott die Barrikaden überwunden hat

1. Über uns Menschen steht nicht nur Gericht, Verdammnis und Chaos. Nein, der Ausschließlichkeit des Gottessohnes setzte Gott
die Totalität des Gnadenangebotes entgegen.
Hören wir drei Worte aus dem Neuen Testament:
Joh.3, 16: Also hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen eingeborenen Sohn gab, auf dass a l l e, die an ihn glauben, nicht verloren werden, sondern das ewige Leben haben.
Titus 2, 11:
Es ist erschienen, die heilsame Gnade Gottes a l l e n Menschen.
1. Timotheus 2, 4: Gott will, dass allen Menschen geholfen werde .

Dreimal steht hier a l l e. Die Erde war und ist der Schauplatz des Heilswerkes Gottes für a l l e Menschen. Wir stehen alle in Gottes Operationsgebiet. Wir befinden uns alle in seinem Interessenbereich.

Dazu ein Beispiel. Vor einigen Jahren war das Grubenunglück in Lengede. Es traten sofort Rettungsaktionen ein. Die Rettungsmannschaft erhielt die Liste der eingefahrenen Kumpels. Ein Plan der Stollen und Schutzräume lag vor. Es wurde gefragt, in welche Schutzräume die Überlebenden wohl geflüchtet sein konnten. Hochempfindliche Horchgeräte wurden eingesetzt, um etwaige Klopfzeichen zu hören. Dann wurden Spezialgeräte herangeschafft, um Bohrungen zu unternehmen.

Etwa dreißig  Bergleute waren eingeschlossen. Was mögen die von der Oberwelt abgeriegelten Männer wohl empfunden haben? Wie hörten sie auf alle Geräusche! Wie atmeten sie auf, als sie den Bohrer hörten! Dann wieder griff die Sorge und Angst nach ihnen: „ Erreicht der Bohrer unseren Schutzraum? Bricht unser Stollen dann auch nicht ein?“ Die tausend Hoffnungen bei den oben und unten Wartenden erfüllten sich. Der Bohrer traf genau den Bergungsort. Die erste herabgelassene Bombe traf mit Verpflegung und mit einem Arzt ein. Einer nach dem anderen wurden hochgehievt.

Wir haben damit ein wunderbares Gleichnis. Wir Menschen sind alle von dem Berg unserer Sünde hoffnungslos eingeschlossen. Wir können uns nicht selber befreien. Wir sind abgeriegelt vom Reich Gottes. Da kam aber einer von oben, stieg herab und brachte Rettung.

Wir müssen es uns sagen lassen: wir stehen auf der Bergungsliste Gottes. Unser Name erscheint auf der Rettungsliste. Wir sind nicht abgeschrieben. Wir sind nicht als unrettbar aufgegeben.

Bei Lengede ist etwas derartiges passiert. Als später die eingebrochenen Stollen wieder geräumt wurden, fand man in einem anderen Schutzraum drei Männer als Leichen mit langen Bärten. Man rechnete aufgrund des langen Haarwuchses aus, dass sie noch etwa zwei Wochen gelebt haben. Das gab sogar noch ein kleines gerichtliches Nachspiel. Man hatte Menschen aufgegeben, die noch am Leben waren.

Unserem Gott passiert das nicht. Vor seinen Augen ist alles gegenwärtig. Seine Rettungsaktion gilt allen. Wer im Glauben den Sohn Gottes angenommen hat, der ist mit in das Leben eingeschlossen. Die Ausschließlichkeit des Sohnes Gottes ist zugleich ein totales Angebot der Gnade Gottes.

2. Damit ist aber die Weite und Tiefe der Barmherzigkeit Gottes noch nicht ausgeschöpft. Wir hörten, dass die zweite Barrikade die Unerreichbarkeit des Gottessohnes ist. Alle Versuche, von uns aus Jesus zu erreichen, sind zum Scheitern verurteilt. Ein Gott, der in den Griff des Menschen kommen würde, wäre kein Gott, sondern ein Popanz menschlicher Fantasie. Wir erreichen die Region Gottes nicht. Kein Weg von uns zu ihm – aber ein Weg von ihm zu uns! Ein Beispiel soll das zeigen.

Im Zusammenhang mit einer australischen Evangelisation hörte man von folgendem Ereignis. Der Sohn eines Richters war ein Tunichtgut. Wegen einer Betrugsaffäre kam er vor Gericht. Dem Vater war das äußerst peinlich. Doch er lehnte es nicht ab, über seinen eigenen Sohn zu urteilen. Die Öffentlichkeit war gespannt, ob der Vater ein mildes oder strenges Urteil fällen würde. Manche meinten, der Vater würde seinen Sohn  schonen. Andere tippten auf ein strenges Strafmaß, weil der Richter wohl nicht seine Richterehre aufs Spiel setzen würde. So waren die Ansichten geteilt. Mit gespannter Erwartung verfolgte man die Verhandlung. Schließlich kam es zum Urteil. Der Richter wählte die im Gesetz zulässige Höchststrafe. Nach Verkündigung des Urteils setzte dann der Richter sein Barett ab, zog seine Robe aus und trat vom Podium herunter. Er begab sich zur Anklagebank, neigte sich zu seinem Sohn und sagte: „Mein Junge, als Richter musste ich dich verurteilen, als Vater aber biete ich dir an, die Strafe zu bezahlen, zu der ich dich verurteilen musste.“

Damit haben wir ein neues Bild für das Handeln Gottes. Der Richter trat zum Angeklagten. Gott ging den Weg zum Menschen und nahm dessen Schuld und Strafe auf sich. Wir haben also die Antwort auf die Unerreichbarkeit Gottes.
Der Unerreichbare kam selber zu uns!
Der verschlossene Himmel öffnete sich von selbst. Von uns aus kein Zugang—von Gott her aber die offene Tür! „ Siehe, ich habe dir gegeben eine offene Tür“, heißt es in der Offenbarung 3,8.
Die Unerreichbarkeit Gottes ist die unüberwindliche Barrikade. Die offene Tür aber ist ihre Überwindung. Dort der unheimliche Gott, hier der gnädige Herr!

3. Wir müssen uns noch mit der dritten Barrikade auseinandersetzen. Wir hörten von der rettungslosen Verlorenheit der Menschen. Luther wusste das und nannte sich selbst einen verlorenen und verdammten Menschen. Der Reformator wusste aber noch mehr. Gott hat nicht nur den Schuldspruch über uns verkündigt, sondern auch selbst die Sühnemaßnahme eingeleitet. Ich will das mit einem Erlebnis Luthers darstellen. Luther wurde einmal von Angstträumen geplagt. Mir sind mehrere aus seinen Büchern bekannt geworden. Einmal plagte ihn der Teufel damit, dass er ihm alle seine Sünden vorhielt. Es war eine lange Liste. Als der Teufel zu Ende war, fragte Luther im Traum: „ Ist das alles?“ Der Teufel triumphierte und entrollte flugs eine zweite Rolle und las wieder ein langes Sündenregister vor. Wieder forschte der geängstigte Mann: „Bist du nun fertig mit meinen Sünden?“ Mit Hohngelächter brachte der Finstere noch ein drittes Register und las alles vor bis zurück in die ersten Kindheitsjahre. Dann, als der Böse nichts mehr vorzubringen hatte, erwiderte Luther: „ Eines hast du vergessen. Schreibe schnell darunter: `Das Blut Jesu Christi, des Sohnes Gottes, macht uns rein von aller Sünde.`“ Der Teufel stieß einen Fluch aus und verschwand. Ein Bibelwort hatte ihn in die Flucht geschlagen.
Wir haben damit die Antwort auf das dritte Unmöglich. Die rettungslose Unmöglichkeit hat Gott beantwortet mit
seiner allgenugsamen Sühneleistung.
Damit ist die dritte Barrikade aus dem Weg geräumt.

Petrus bezeugt (1.Petr.1, 19) „ Wisset, dass ihr nicht mit vergänglichem Gold oder Silber erlöst seid von eurem eitlen Wandel nach väterlicher Weise, sondern mit dem teuren Blut Jesu, als eines unschuldigen und unbefleckten Lammes.“ Und der Hebräerbrief bestätigt es (9, 14):
„Wieviel mehr wird das Blut Christi, der sich selbst ohne allen Fehl durch den ewigen Geist Gott geopfert hat, unser Gewissen reinigen von den toten Werken.“ In einem Erweckungslied heißt es: „Rühmt alle Wunder, die er tut, doch über alles rühmt sein Blut!“ Auf dem Altar von Grünewald und Schongauer in Isenheim, den ich mir in Colmar schon manches Mal angesehen habe, fangen die Engel unter dem Kreuz die Blutstropfen Jesu auf. Das sind die kostbarsten Juwelen der Erde, die im Bösen liegt.

Schreckt des Falles Tiefe dich,
siehst du bebend deine Wunden,
fragst du, werde jemals ich
von dem Schlangenbiss gesunden?
O verliere nicht den Mut!
allgenugsam ist sein Blut.

Gott hat das Äußerste und Höchste, was er zu bieten hatte, in die Waagschale gelegt: Das Leben, das Blut seines Sohnes. Das war der Welt Rettung. Ist es auch Ihre?
Wir sind nun zwei Reihen biblischer Grundwahrheiten abgeschritten. Die erste Reihe lautet:
Die Ausschließlichkeit des Gottessohnes.
Die Unerreichbarkeit des Gottessohnes.
Unsere rettungslose Verlorenheit.

Diese ehernen Positionen sind nicht umzustoßen. Und doch hat Gott den Ausweg gefunden und uns angeboten. Die Lösung lautet:
Sein totales Gnadenangebot.
Die offene Tür.
Die  Allgenügsamkeit seiner Sühneleistung.

Was hat das nun mit uns zu tun? Wir sind in der Lage des Richtersohnes, der vom eigenen Vater verurteilt wurde. Danach bot ihm der Vater die Sühneleistung an. Wie konnte sich der Sohn verhalten? Er hatte zwei Möglichkeiten: annehmen oder ablehnen! Er war nicht gezwungen. Seine Entscheidung war frei. Das ist unsere eigene Situation. Wir können dankbar annehmen. Das ist das ganze Geheimnis unserer Errettung.
Gott hasst und richtet die Sünde.
Gott liebt und rettet den Sünder.

Die Person Jesu und sein Werk am Kreuz bedeutet Verurteilung und Sühneleistung zugleich. Darum konnte Johannes sagen: „Wer den Sohn Gottes nicht hat, der hat das Leben nicht.“

Jesus ist kommen, Grund ewiger Freude,
A und O, Anfang und Ende steht da.
Gottheit und Menschheit vereinen sich beide.
Schöpfer, wie kommst du uns Menschen so nah!
Himmel und Erde, erzählets den Heiden:
Jesus ist kommen, Grund ewiger Freuden.

Jesus ist kommen, die Ursache zum Leben.
Hochgelobt sei der erbarmende Gott,
der uns den Ursprung des Segens gegeben;
dieser verschlinget Fluch, Jammer und Tod.
Selig, die ihm sich beständig ergeben!
Jesus ist kommen, die Ursache zum Leben.
Amen!