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Klarstellung der Auslegung der Offenbarung

An die Ohren von Jim Baum drang das Gerücht, dass in Onkel- Toms-Hütte, nicht zu verwechseln mit Hütte-Davids, eine Auslegung der Offenbarung des Johannes anstand.

Jim machte sich frühzeitig auf den Weg, um sich kein Wort des Vortrages entgehen zu lassen. Als er den Raum betrat, sah er in der ersten Reihe den Allgewaltigen mit seinen Pharisäern und Schriftgelehrten sitzen. Da erhob sich schon ein junger Saulus, strebte dem Rednerpult entgegen, schlug in seiner Bibel die Offenbarung des Johannes auf und krähte mit hoher Stimme: “ In der Offenbarung geht es nur um die Juden.“ Dementsprechend waren dann auch seine abenteuerlichen Darlegungen der biblischen Aussagen.

Jim war sehr erschrocken und dachte so bei sich, so etwas habe ich noch nie vernommen. Denn von Kindes an hatte man ihn gelehrt, dass die Offenbarung des Johannes den Gottessohn zum Inhalt habe und für die Gemeinde des Herrn ein Trostbuch sei.

Darum muss mit der gebotenen biblischen Nüchternheit von der Erwartung eines tausendjährigen Friedensreiches auf Erden ( Chiliasmus, Prämillenialismus gesprochen werden.

Immer wieder hört man von evangelikalten Christen, dass Jesus Christus wiederkommen und ein tausendjähriges Friedensreich auf Erden aufrichten werde, in dem es keine innere und äußere Bedrohung mehr durch Bosheit und Feinde geben würde, denn die wären vernichtet. Erst nach den tausendjährigen Friedensjahren würden die Toten auferstehen und das Jüngste Gericht gehalten. Man beruft sich dabei auf Kapitel 20 der Offenbarung des Johannes und verbindet dieses vor allem mit Worten des Propheten Jesaja. Dieses Verständnis und diese Auslegung lassen jedoch entscheidende Gesichtspunkte und Auslegungsregeln außer acht.

Die Offenbarung des Johannes ist die Niederschrift von Visionen, die dem Johannes durch den Auferstandenen, zur Rechten Gottes sitzenden Christus zuteil geworden sind. Sie beinhalten eine Fülle von umschreibenden Bildern, die bewusst nicht wörtlich, sondern symbolisch verstanden werden wollen.

Die Offenbarung soll ein Buch des Trostes für die verfolgte Gemeinde aller Zeiten sein.

Sie redet vom endgültigen Sieg Jesu Christi über die satanischen Mächte und von der kommenden Ewigkeit und Herrlichkeit Gottes. Doch kann die symbolisch umschreibende Bildsprache der Offenbarung vielfach nicht eindeutig und zuverlässig entschlüsselt werden. Da lässt Gott etliches und genaueres verhüllt. Wie uns der Apostel Paulus schreibt ( 1. Korinther 13. Vers 12 ) “ Wir sehen jetzt durch einen Spiegel ein dunkles Bild; dann aber von Angesicht zu Angesicht. Jetzt erkenne ich stückweise; dann aber werde ich erkennen, wie ich erkannt bin.“ Bei dieser Sachlage kann nun nicht ein bestimmtes Bild der Offenbarung herausgegriffen und ausgerechnet für dieses ein wortwörtliches Verständnis eingefordert werden. Man wird doch auch zum Beispiel Offenbarung 21, Vers 6 nicht so wörtlich verstehen wollen, dass Gott uns in der Ewigkeit einen Becher mit frischem Quellwasser für unseren Durst reichen werde.

Zu berücksichtigen ist auch, dass die Offenbarung des Johannes zu den Antilegomena  gehört. Das sind Schriften, die nicht in allen christlichen Gemeinden des zweiten Jahrhunderts zur Zeit der Kanonbildung bekannt waren. Oder auch, dass diese von einigen Gemeinden bewusst im Gottesdienst nicht verlesen wurden, weil man Zweifel an ihrem apostolischem Ursprung hatte. Die Antilegomena sind sozusagen unter einem gewissen Vorbehalt in den biblischen Kanon aufgenommen worden.

Aufgrund der nicht eindeutigen umschreibenden Bildersprache und des zweifelhaften Status als Antilegomena kann man allein mit den Worten der Offenbarung des Johannes keinen Glaubenssatz begründen, wenn er sich nicht auch noch anderweitig im neuen Testament finden und begründen lässt. In den Evangelien wie auch in der Apostelgeschichte und den Briefen finden wir aber keine Aussage, dass Jesus zunächst zum Aufrichten eines tausendjährigen Friedensreiches auf Erden wiederkommen werde, sondern dass er unmittelbar zum Gericht kommen wird. Von der Verheißung eines “ irdischen Zwischenreiches von tausend Jahren “ ist außerhalb der Offenbarung nirgendwo im Neuen Testament die Rede. Ganz im Gegenteil, Jesus kommt den Sehnsüchten und Erwartungen der Juden und auch seiner Jünger nicht nach, nämlich sich zum irdischen König zu machen und für Israel ein irdisches Reich aufzurichten. ( Lukas 17, Vers 21 ) Stattdessen spricht Jesus(Johannes 18, Vers 36 ): Mein Reich ist nicht von dieser Welt. Und dieses Wort Jesu behält Gültigkeit ! Es schließt ein zukünftiges tausendjähriges Reich Christi auf Erden aus.

Die evangelikale Erwartung eines irdischen tausendjährigen Reiches mit Christus als König entspricht den falschen jüdischen Erwartungen zur Zeit Jesu. Jesu Worte aber sind einfach und eindeutig. Nach den Bedrängnissen der letzten Zeit( “ Geburtswehen “ vor der Ewigkeit ) wird Jesus am Jüngsten Tag zum Gericht über die dann Lebenden und die auferstandenen Toten kommen.

Die Seinen wird er eingehen lassen zu seiner Herrlichkeit und die anderen zur Verdammnis.( Matth. 24-25 ). Darauf sollen wir vorbereitet sein. In den reformatorischen Bekenntnisschriften Artikel 17 heißt es : Es wird gelehrt, dass unser Herr Jesus Christus am Jüngsten Tag kommen wird, um zu richten und alle Toten aufzuerwecken, den Gläubigen und Auserwählten ewiges Leben und ewige Freude geben, den gottlosen Menschen aber und die Teufel wird er in die Hölle zur ewigen Strafe verdammen. Deshalb werden die jüdischen Lehren verworfen, die sich auch gegenwärtig ausbreiten nach denen vor der Auferstehung der Toten die Heiligen und Fromme ein weltliches Reich aufrichten und alle Gottlosen vertilgen werden.

Dagegen wird mancher einwenden, dass aber doch auch schon im Alten Testament, besonders in Jesaja 11 und 60 65, Worte über ein kommendes Friedensreich des Messias zu finden seien. Doch wie bei der Offenbarung des Johannes und die meisten prophetischen Schriften, so sind auch diese Kapitel Jesajas in prophetischen Bildreden gegeben. Schon beim ersten Vers des Kapitels 11 wird klar, dass hier nicht ein alter realer Baumstamm gemeint ist, der nun noch mal wunderbarerweise ausschlägt, sondern im übertragenen Sinne vom kommenden Messias, von Christus, die Rede ist.

Nun aber ist Christus gekommen und die bildhafte Prophetie erfüllt ! Jesus selbst sagt, dass sich mit ihm die Verheißungen des Propheten Jesaja erfüllt haben ( Lukas 4, Vers 21 ). Der Apostel Paulus schreibt ( 2. Korinther 1, Vers 20 ) : “ Denn auf alle Gottesverheißungen ist in ihm das Ja.“ Das ganze Alte Testament hat sich in Jesus erfüllt ! Ja, mit und durch Jesus wird sogar vielfach der Wortlaut der alttestamentlichen prophetischen Worte übererfüllt. Zum Beispiel ist in (Jesaja 65, 20 ) von dem neuen Himmel und der neuen Erde bildhaft prophetisch die Rede : “ Als Knabe gilt, wer hundert Jahre alt stirbt, und wer hundert Jahre nicht erreicht, gilt als verflucht.“ Aber Christus hat uns durch sein Kreuzesopfer nicht nur ein jahrhunderte langes Leben, sondern das ewige Leben in seiner Herrlichkeit erworben und geschenkt. Deshalb müssen wir das Alte Testament  mit all seinen Prophetien von seiner Erfüllung her, von Christus her, vom Neuen Testament her lesen, verstehen und auslegen.

Insgesamt ist auch zu berücksichtigen, dass Gott selten die prophetischen Worte des Alten Testament wörtlich im unmittelbaren Sinne erfüllt hat. Meistens hat Gott sie  in ganz anderer Weise erfüllt, als es sich die Zeitgenossen gedacht und gewünscht hatten. Aufgrund der alttestamentlichen bildhaften Prophetie erwarteten und wünschten sich die Juden das Kommen eines irdischen Messias, eines Christuskönigs mit einem irdischen Reich. Gesandt aber hat Gott keinen mächtigen menschlichen König, sondern seinen eigenen Sohn, der das Kreuz und die Dornenkrone auf sich genommen hat, aber damit viel mehr, nämlich die Vergebung der Sünden, die Versöhnung mit Gott und das ewige Leben gebracht hat.

Abschließend ist festzustellen, dass es nicht sachgemäß ist, die Offenbarung des Johannes mit Jesaja zu verbinden und auszulegen. Vielmehr ist es sachgemäß die prophetischen umschreibenden bildhaften Worte Jesajas mit dem Kommen Jesu als erfüllt zu verstehen und die bildhaften Worte der Offenbarung des Johannes mit den klaren Worten des Neuen Testamentes zu verstehen und auszulegen. Dann bleibt kein Raum mehr für die Behauptung, dass Jesus zunächst zur Königsherrschaft in einem tausendjährigen Friedensreich kommen werde. Statt dessen bietet sich an, unter dem tausendjährigen Reich Christi die lange Zeit der Gemeinde Jesu Christ von Pfingsten bis zur sichtbaren Wiederkunft des Herrn zu verstehen. In dieser Zeit regiert Christus sein Reich, seine Gemeinde, noch auf unsichtbare Weise.