besinnliche Gedanken
„Eehj, cool, geil, voll krass, genial!“ Die jungen Leute tauschen sich lautstark über ihre Erlebnisse aus. Der alte Mann und die anderen Fahrgäste im Bus wurden mehr oder weniger freiwillig Zeugen dieser Unterhaltung. Auffällig war der primitive Wortschatz, mit dem sich die Jugendlichen verständigten. Dem alten Mann fiel ein Zitat von Karl Kraus ein: “ Es genügt nicht, keine Gedanken zu haben, man muss auch unfähig sein, sie auszudrücken.“ Für die jungen Leute schien das kein Problem zu sein.
Dem alten Mann fällt auf, dass die deutsche Sprache zunehmend verwildert. Liegt es daran, dass kaum noch Bücher gelesen werden? Dass auch das Buch der Bücher, die Bibel, kaum noch Beachtung findet? Gott hat dem Menschen die Sprache gegeben. Er spricht mit den Menschen in einer verständlichen Sprache. Der Wortschatz der Bibel ist reich und kostbar. Ein einziger Tropfen der unverdünnten Tinktur des Wortes Gottes ist besser als ein See von Erklärungen und Predigten. Gott spricht durch die Heilige Schrift. Wer sein Wort verachtet, zu dem spricht er überhaupt nicht.
Der alte Mann liebt die deutsche Sprache. Mit ihr ist er aufgewachsen. Alle seine Freunde sprechen deutsch. Es ist die Muttersprache. Die deutsche Sprache ermöglicht es dem alten Mann, seine Gedanken und Gefühle auszudrücken. Es macht ihn traurig und zornig, wie die deutsche Sprache sich im Niedergang befindet. Allein die vielen unsinnigen englischen Wörter! Man begegnet ihnen auf Schritt und Tritt: Auf der Post, im Kaufhaus, in der Zeitung und auch in der christlichen Gemeinde. Für den alten Mann ist Englisch eine einfache, aber schwere Sprache, die aus lauter Fremdwörtern besteht, die falsch ausgesprochen werden. Wir ersetzen gutes Deutsch durch schlechtes Englisch.
Den alten Mann ärgert, dass auch im christlichen Umfeld die deutsche Sprache nicht mehr gepflegt wird. Viele Lieder werden englisch gesungen. Englische Ausdrücke fließen in die Verkündigung ein. Parallel dazu kann man eine Abwertung biblischer Begriffe beobachten. Was spricht dagegen, vor deutschem Publikum deutsch zu reden und zu singen? Warum muss es englisch, warum muss es unverständlich sein?
Ein weiteres Ärgernis ist dem alten Mann die Sprache der Verkündigung. Sie rutscht zunehmend in Schwammigkeiten ab. Sie schlittert der Gesellschaftsrealität hinterher. Ein besonders abschreckendes Beispiel ist die Verkündigung in der Gemeinde des Johann von der Leyden, der einen eingestellten Hauptschüler von der Kanzel her fortwährend sprachlichen Unsinn verzapfen lässt. Theologisch gesehen, ist die Sprache in der Predigt oft ein Armutszeugnis. Leere Wagen machen den größten Lärm.
„Worte sind nur Worte, und wo sie gar leicht und behende dahinfahren, da sei auf der Hut. Die Pferde, die den Wagen mit Gütern hinter sich haben, gehen langsameren Schrittes.“ (M. Claudius)
Allen voran ist die Amtskirche zu einer Schwafelkirche geworden, gefolgt von den Freikirchen. Die von der EKD herausgegebenen Orientierungshilfen führen in die totale Orientierungslosigkeit. Wer kann und will sich schon an solchen Aussagen noch orientieren? In welche Richtung führen sie? Die EKD verlässt den Boden der Schrift und lehnt sich immer weiter aus dem Fenster in Richtung Welt. Wann wird sie abstürzen? Was hält sie noch? Geht es ihr noch um den Jesus Christus der Bibel?
Grotesk erscheint dem alten Mann auch der von der EKD aufgegriffene Genderismus. Muss da wirklich eine vollzeitliche Planstelle eingerichtet werden? War nicht schon die Bibel in „gerechter Sprache“ überflüssig wie ein Kropf? Dem alten Mann sträubt sich das Gefieder, wenn er Bezeichnungen wie Christinnen und Christen, Gläubiginnen und Gläubige, Brüderinnen und Brüder, Engelinnen und Engel hört. Wenn schon Gleichberechtigung, warum keine Teufelinnen, warum keine Verbrecherinnen? Wozu soll diese „Geschlechtergerechtigkeit“ gut sein? Wer von Pharisäerinnen und Schriftgelehrtinnen redet, verfälscht das Wort Gottes. Eine solche Sprache braucht niemand.
Dem alten Mann geht es um die deutsche Sprache. Da sind auch christliche Gemeinden oft kein Vorbild. Biblische Begriffe werden umgedeutet und wegerklärt. Warum können wir nicht einfach das sagen, was Gottes Wort sagt? Gott ändert sein Wort nicht, nur weil es uns nicht gefällt. Entweder meint die Bibel das, was sie sagt, oder wir können sie wegwerfen. Warum reden Theologen oft in einer Sprache, die kein Mensch versteht? Der alte Mann hat schon Reden und Vorträge gehört, die mit Fremdwörtern und komplizierten Ausdrücken gespickt waren. Das deutete auf die Klugheit des Redners hin, aber der alte Mann hat nicht viel begriffen.
Solche Reden sind nicht hilfreich. Mit wohltönenden Worten ist es nicht getan. Bei der Predigt des Evangeliums geht es um sehr wichtige Dinge. Da muss die Botschaft verständlich sein. Unverständlichkeit ist kein Beweis für tiefe Gedanken. Es ist sehr leicht unverständlich zu reden. Es ist sehr schwierig verständlich zu sein. Wenn bewusst schwammig formulierte Sätze gebraucht werden, geht der Sinn verloren. Die Worte verkrüppeln. Aus der Sprache wird „Jargon“, wie er oft in Mennonitengemeinden, aber auch in anderen christlichen Denominationen anzutreffen ist. Das bewahrt vor Unannehmlichkeiten. Bei Gelaber und Worthülsen muss man sich nicht ernsthaft zur Sache äußern. Nur was wir in Worte fassen können, haben wir auch verstanden. Nur was wir verstanden haben, können wir in Worte fassen.
Die Fähigkeit, sprechen zu können, macht das Menschsein aus. Die Sprache macht uns zu Geschöpfen, die nach ihrem Schöpfer fragen. Durch das Wort können wir Gott suchen und finden. Durch das Wort wird unsere Erkenntnis, aber auch unser Mangel an Erkenntnis offenbar.
Gott will uns durch sein Wort von Klarheit zu Klarheit führen. Wo Gott ist, ist Klarheit. Er schenkt uns Erkenntnis in der lebendigen Sprache der Heiligen Schrift. Wie Gottes Liebe in den Wundern der Schöpfung aufleuchtet, so reich und schön ist auch die Sprache, die er uns Menschen gegeben hat. Gott hat nicht nur zwanzig verschiedene Schmetterlingsarten und zwanzig verschiedene Blütenstände geschaffen, sondern er hat uns mit einer unendlichen Vielfalt seiner Schöpfungskraft beschenkt und gesegnet. Er hat uns auch einen Wortschatz anvertraut, der unermesslich ist. Nutzen wir ihn?
Es ist nicht zuletzt ein geistliches Anliegen, wenn wir uns der Sprachverschluderung verweigern, die immer mehr um sich greift. Was in einer unverständlichen, hässlichen, verschwirbelten Sprache daherkommt, sollte man vergessen. Das Wort Gottes ist kein toter Buchstabe, wie manchmal behauptet wird. Das Wort Gottes ist Geist und Leben, ist Licht auf dem Weg. Es kommt auf die Worte der Bibel an. Der alte Mann weiß, dass er sich auf die Worte, die Sätze und die biblischen Aussagen verlassen kann. Er liebt die Sprache der Bibel. Was Gott sagt, trifft alles ein. Es sind Lebensworte, in eine schlichte und schöne Sprache gefasst.
„Ein Wort, geredet zur rechten Zeit, ist wie goldene Äpfel auf Silberschalen.“ (Sprüche 25,11)
„Meine Schafe hören meine Stimme, und ich kenne sie und sie folgen mir; und ich gebe ihnen das ewige Leben und sie werden nimmermehr umkommen und niemand wird sie aus meiner Hand reißen.“ (Johannes 10, 27-28)
Bei solchen Zusagen geht dem alten Mann das Herz auf und freut sich über Gottes Wort wie einer, der große Beute macht.