Christentum und der Islam Teil 4 von 9

Christentum und Islam

Gegenüberstellung der theologischen Grundaussagen von Christentum und Islam in einzelnen Abschnitten – Teil 4 von 9 von H.L.

Das Menschenbild

In beiden Religionen ist der Mensch Gottes besonderes Geschöpf, aber doch wird das Gottesverhältnis des Menschen und sein Wesen ganz anders gesehen.

Das christliche Menschenbild

Der Mensch ist geschaffen als „Gottes Ebenbild“, und zwar ausdrücklich beide Geschlechter, Mann und Frau. Von daher ist die Gleichberechtigung von Anfang an biblisch begründet. Der Mensch ist von daher bestimmt und zur Gemeinschaft mit Gott, er soll als Partner und Stellvertreter Gottes auf Erden leben. Er soll der „Gott entsprechende Mensch“ (Eberhard Jüngel) sein. Diese Beziehung des Menschen zu Gott ist grundlegend für sein Wesen und macht seinen Adel aus: „Was ist der Mensch, dass du seiner gedenkst, und des Menschen Kind, dass du dich seiner annimmst? Du hast ihn wenig niedriger gemacht als Gott, mit Ehre und Herrlichkeit hast du ihn gekrönt“ (Psalm 8,5 f.) Nur von Gott her können deshalb der Mensch und sein Wesen richtig verstanden werden. Gott will sogar unser Vater heißen und wir dürfen seine Kinder, seine Töchter und Söhne sein. Der Kirchenvater Augustin hat diese Urbeziehung des Menschen zu Gott in seiner gebetsartigen Antwort bestätigt: „Du, Gott, hast uns zu dir hin geschaffen, und unser Herz ist unruhig in uns, bis es Ruhe findet in dir.“ Sören Kirkegaard fasste dies Verhältnis des Menschen zu Gott in einem scheinbar paradoxen Satz zusammen: „Gottes zu bedürfen ist des Menschen größte Vollkommenheit.“

Das christliche Menschenbild darf jedoch nicht einlinig nur als Gottes Ebenbild gezeichnet werden, sondern es muss in seiner geschichtlichen Entwicklung in drei Phasen gesehen werden: als ursprüngliches Geschöpf, als gefallener Sünder und als erlöster neuer Mensch:

  1.  Von der Schöpfung her ist der Mensch Gottes wichtigstes Geschöpf, das nicht zufällig am Ende der Werke Gottes steht und im Zentrum der Betrachtung.
  2. Der Mensch hat jedoch dieser seiner Bestimmung zur Gemeinschaft mit Gott nicht entsprochen, sondern er hat Gott misstraut, sich von ihm getrennt und wollte selbst wie Gott sein. Er ließ sich von einer verführerischen Stimme verlocken: „Ihr werdet sein wie Gott …“ (1.Mose 3,5) . So wurde er zum von Gott abgefallenen Sünder. Damit veränderte sich sein ganzes Wesen. Deshalb ist nach christlichem Verständnis mit dem Menschen etwas grundlegend nicht in Ordnung. Er ist nicht nur getrennt von Gott, sondern auch vom Mitmenschen, von den übrigen Geschöpfen und gespalten in sich selbst. Er wurde zum „Menschen im Widerspruch“ (Emil Brunner). Das bezeugt die Bibel an vielen Stellen : „Als aber der Herr sah dass der Menschen Bosheit groß war auf Erden und alles Dichten und Trachten ihres Herzens nur böse war immerdar…“ (1.Mose 6,5) . Das bekennt auch David in seinem Bußpsalm (Psalm 51) . Darüber klagt auch der Apostel Paulus: „Denn ich weiß, dass in mir, das heißt in meinem Fleisch, nichts Gutes wohnt. Wollen habe ich wohl, aber das Gute vollbringen, das tue ich nicht …“ (Römer 7,18f) . Und diese demütigende Erkenntnis musste auch Luther machen in seinen Klosterkämpfen, und das darum seinen Niederschlag gefunden im Augsburger Bekenntnis: “ Dass alle Menschen von Mutterleib an voll böser Lust und Neigung sind und von Natur aus keine wahre Gottesfurcht, keinen wahren Glauben an Gott können…“(Artikel 2). Kurz und hart zusammengefasst bekennt sich Luther dazu so: “ Ich bin ein verlorener und verdammter Mensch“ (Kleiner Katechismus) . Darin besteht die eigentliche Not und Tragödie des Menschseins. Das wird heute oft übersehen und geleugnet. Darum musste ich es hier ausdrücklich und ausführlich erwähnen.
  3. Das vermögen wir von uns aus nicht mehr rückgängig zu machen. Darum bedarf der Mensch der Rettung und der Erlösung. Darauf ist der Sünder Mensch unbedingt angewiesen. Die Sünde ist so schwerwiegend, dass keine Selbsterlösung des Menschen möglich ist. Die Errettung geschieht eben durch Jesus Christus, der als erster und einzig wahrer Mensch auf Erden gelebt und das von Gott gewollte Bild des Menschen wiederhergestellt hat. Das ist gemeint mit der Aussage über ihn: Er blieb trotz aller Versuchung ohne Sünde, das heißt ungetrennt von Gott. Er kann und will denen, die ihm nachfolgen und an ihn glauben, den Weg zurück zu Gott bahnen und uns wieder mit Gott versöhnen. Er büßt für unsere Sünden, er nimmt sie uns ab und vergibt uns. Damit schenkt er uns seine Gerechtigkeit und will uns verändern, erneuern, neu schaffen. Wir sollen ihm gleichgestaltet werden (Römer8,29) . Das wird auch ausgedrückt mit dem Bild unserer Wiedergeburt (Johannes 3,5)  oder gar mit einer Neuerschaffung: „Ist jemand in Christus, so ist er eine neue Kreatur…(2.Korinther 5,17) „. Der Mensch ist nicht unrettbar verloren, sondern er kann der durch Christus gerettete, wieder angenommene, neu geschaffene Erlöste werden.

Der Mensch wird im christlichen Menschenbild unter diesem dreifachen Aspekt gesehen: Als der von Gott zu seinem Ebenbild Geschaffene, als der von Gott abgefallene Sünder und als der im Glauben an Christus Erlöste und Erneuerte; darin besteht die zugleich ernste und realistische, aber auch hoffnungsvolle christliche Anthropologie.

In allen drei Teilen gibt es deutliche Unterschiede zwischen Christentum und Islam.

Islamisches Menschenbild

  1. Der Mensch als Allahs besonderes Geschöpf: Die Aussagen des Korans über die Erschaffung des Menschen erinnern an einigen Stellen an die biblische Schöpfungsgeschichte. Adam wird von Allah aus Erde geschaffen und zum Statthalter eingesetzt: “ Siehe, ich will auf der Erde einen einsetzen an meiner Statt (Sure2,28) „. Die Menschen werden auch hier deutlich über die anderen Geschöpfe erhoben: „Und wahrlich, wir zeichnen die Kinder Adams aus…und bevorzugten sie hoch vor vielen unserer Geschöpfe“(Sure 17,72) . Das wird im Koran mehrfach durch eine merkwürdige, außerbiblische Überlieferung veranschaulicht: Dass die Engel von Allah gezwungen werden, Adam zu huldigen, was auch alle Engel außer Iblis (Satan) tun: „Als dann sprachen wir (Allah) zu den Engeln: “ Werft euch nieder vor Adam!“ und nieder warfen sie sich außer Iblis…(Sure 7,10)

Damit kommt dem Menschen im Islam zwar eine Sonderstellung zu, aber er drückt diese deutlich schwächer aus als das Christentum. Von einer Gottesebenbildlichkeit des Menschen ist hier nirgends die Rede und auch nicht von einer Gotteskindschaft. Auch Adam gilt hier nur als ein Diener oder Sklave Allahs: „Ihr Kinder Adams: Dienet nicht dem Satan, sondern dienet mir, das ist ein rechter Pfad!“ (Sure36,60f.)  Das Verhältnis des Menschen zu Allah ist das eines Knechtes zu seinem Herrn. Damit unterschätzt der Islam die dem Menschen von Gott gegebene Würde und bestreitet das christliche, kindliche Vertrauensverhältnis zu Gott und verwandelt es wieder in ein Knechts- und Untertanenverhältnis wie in vielen anderen Religionen. Außerdem fehlt die grundsätzliche Gleichstellung von Frau und Mann.

  1. Auch von der Sünde des Menschen weiß der Islam etwas. Die Erzählung von der Versuchung des Menschen und vom Sündenfall kommt im Koran an mehreren Stellen vor: „Und wir sprachen: > O Adam, bewohne du und dein Weib den Garten und esset von ihm…Aber nahet euch nicht jenem Baum, sonst seid ihr Ungerechte <“ Sure 2,33) . Die Menschen lassen sich aber von Satan genau dazu verführen und werden aus dem Garten vertriebenen: „Hinfort mit euch! Der eine sei des anderen Feind und auf der Erde sei euch eine Wohnung…“ (Sure 2,34) .

Das wird jedoch anders verstanden als in der Bibel. Es handelt sich hier nur um eine einmalige Sünde, nicht um einen Sündenfall, das heißt das Verhältnis zu Gott wird dadurch nicht grundsätzlich verändert. Es ist kein Fall, sondern ein kleiner „Ausrutscher“ oder Fehltritt, der durch nachfolgenden Gehorsam gut gemacht werden kann. „Und sie aßen von ihm…und Adam ward ungehorsam wider seinen Herrn und ging irre.“ (Sure20,119) . Das überwindet Allah aber sofort, indem es anschließend heißt: „Alsdann erkieste (erwählte) ihn sein Herr (Allah) und kehrte sich zu ihm und leitete ihn“ (Sure 20,120) .

Offenbar ist Adam immer noch in der Lage, dieser Leitung Allahs zu folgen: Denn „wer dann meiner Leitung folgt, der soll nicht irre gehen und nicht elend werden“ (Sure 20,122) . Und fast wortgleich heißt es in Sure 2 : “ Und wenn zu euch von mir eine Leitung kommt, wer dann meiner Leitung folgt, über den soll keine Furcht kommen und nicht sollen sie traurig werden“ (Sure 2,36) . Eine Anmerkung in der Reclamausgabe des Korans erklärt dazu: “ Der Islam kennt keine Erbsünde; trotz der Ausstoßung aus dem Paradies bleibt dem Menschen die Möglichkeit, auf Gottes Pfad zu wandern.“

Genauso verhält es sich tatsächlich im Islam: Das Wesen des Menschen ändert sich nicht durch Adams Ungehorsam. Es entsteht dadurch keine Verlorenheit des Menschen. Das Verhältnis zu Allah ist nicht grundsätzlich zerstört. Damit wird die Sünde nicht wirklich ernst genommen. Deshalb kennt der Islam nur Tatsünden und keine Wesens- und Personensünde. Darum muss man ihm den Satz von Anselm von Cunterburry vorhalten: „Du hast noch nicht bedacht, von welcher Schwere die Sünde ist!“ Er unterschätzt die Sünde.

  1. Deshalb meint der Islam auch, dass der Mensch in der Lage sei, den Willen Allahs von sich aus zu tun und deshalb keine Erlösung und keinen Retter nötig zu haben. Er sei selbst bei gutem Willen dazu fähig, Allah zu gehorchen und damit vor ihm zu bestehen. Das vermag der Mensch angeblich sogar noch nach seinem Ungehorsam. In dieser Hinsicht überschätzt der Islam den Menschen und seine Möglichkeiten bei weitem.

Ein Kommentar zur aktuellen christlichen Lehre

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